Schaukeln 

Nachdem die Kinder am Nachmittag ihre Hausaufgaben gemacht haben, geht’s raus zum Spielen! Ich darf dann entweder beim Schaukeln helfen anzuschubsen, bin Schiedsrichter beim Fußball, spiele Klatschspiele mit den Mädchen wie vor 12 Jahren auf dem Schulhof, aber ich werde auch oft einfach nur gerufen, um zu bestaunen, was die Kleinen so drauf haben, und so ist auch dieses Video entstanden… 🙂 

Markttreiben 

Supermärkte wie in Europa, wo meine geliebte Buttermilch ihren Stammplatz im Kühlregal hat, gibt es hier nicht. Jedenfalls sehr selten und es ist nicht üblich, dort einzukaufen und wenn, dann nur einzelne Sachen, die es auf dem Markt so nicht gibt. Wo wir gleich schon beim Thema wären: Markt. Alle 2 km ungefähr gibt es einen, wobei das auch etwas locker gefasst ist, denn eigentlich befinden sich überall an der Straße kleine Stände mit Grills, wo gebratene Bananen, Fleischspieße, Obst und alles was der hungrige Magen begehrt, verkauft werden. Auf den Märkten dann befinden sich Stände mit Turnschuhen neben lebenden Hühnern und Obstständen. Hoffentlich macht kein Beamter des Gesundheitsamtes oder Ordnungsamtes aus Deutschland eine Reise hier her, und wenn, dann nur mit psychologischer Betreuung.
Das Fleisch hängt hier stundenlang ungekühlt in der Sonne, Straßenhunde stromern durch die Gassen und versuchen, etwas Fressbares zu erhaschen. Ich bin perplex von der Tonne mit Schweineköpfen, die hier zum Verkauf stehen. Es herrscht unruhiges Treiben mit hektischer, aber fröhlicher Stimmung. Am Ausgang des Marktes werden mir noch Katzenjunge für einen Dollar angeboten. Ich hatte aber kein Geld mehr. Das nächste Mal werde ich mir bestimmt überlegen, ob ich mir ein Stück Kuchen oder eine Katze kaufe…. 😀


  
  
  

Ausflug auf 4500m Höhe 

Da ich ja in der Fundacion lebe und hier immer mal wieder Freiwillige sind, die noch eine Nacht oder ein Wochenende übernachten und dann in ihre Gastfamilien gehen oder zurück in die Heimat fliegen, habe ich es mit verschiedensten Leuten zu tun. Mal war ein Amerikaner eine Nacht hier, dann zwei Deutsche und zwei Tschechen. Am Wochenende schnappte ich mir dann Martina, die aus Tschechien kommt, aber in Griechenland lebt, und machte mich mit ihr auf den Weg zum Pichincha. Das ist ein 4690 m hoher Vulkan bei Quito. Mit den Bussen ging es in Richtung TeriferiQo (Seilbahn), die uns auf 4100 m Höhe brachte. Dabei fühlte ich mich wahnsinnig toll, denn ich bin anscheinend mehr wert als Ecuadorianer… Ausländer zahlen 8,50 $, Ecuadorianer 4,50 $ für die Seilbahn. 😀 Oben angekommen, fühlte es sich etwas komisch an, denn die Luft ist so dünn, dass man nur schwer atmen kann. Es ist ungefähr so, als wenn man nur bei jedem zweiten Atemzug Luft bekommt. Schneller gehen war anstrengend und rennen war nicht drin. Auch ist es recht staubig, denn es gibt keine großen Pflanzen, die den Sand bzw. die Vulkanasche zusammenhalten können, nur ein wenig Gras und Wiese wie auf den Bildern zu sehen.

Martina hatte leider nicht viel Zeit, denn ihr Flieger ging noch an diesem Tag. Wir genossen aber den Ausblick, der sich auf den Cotopaxi, auf Quito und in die Ferne bot! Auf ungefähr 4500m sind wir dann noch gewandert. Den Rest bis zum Gipfel will ich auf jeden Fall noch einmal bewältigen, wenn ich allein bin und mehr Zeit habe. Man braucht wohl 6 Stunden, um auf den Gipfel zu kommen, was auch nicht ganz ungefährlich sein soll.

Auch Deutsche waren unterwegs, leicht zu erkennen am starken Mundwerk und der professionellen Outdoor-Ausrüstung, die dann dazu verwendet wird, um Fotos davon zu machen und im Café der Bergstation zu sitzen und ein Stück Kuchen zu essen…

Martina und ich jedenfalls kraxelten auf ca. 4500m hoch, fanden die Aussicht einmalig, machten Fotos und fuhren nach 3 Stunden von 4100m wieder hinunter. Die Sonne ist auf dieser Höhe so intensiv, dass ich mich dreimal neu eingecremt habe und trotzdem Sonnenbrand bekam. Wie ein Grillhähnchen brutzelt man hier, bin aber, glaube ich, nicht so schmackhaft.

Das war wirklich ein schöner Tag! 🙂

  
  
  
  

Tischgespräche 

Nach jedem Essen sitzt man hier noch eine halbe oder Dreiviertelstunde am Tisch, quatscht und es gilt als äußerst unfein, aufzustehen. Selbst mit Bitten und einem triftigen Grund. Hab ich schon ausprobiert – lieber nicht noch mal. Jedes Mal wird viel von ehemaligen Freiwilligen erzählt, die hier ja ein und aus gehen, von Sitten und Bräuchen in Ecuador, vor allem rund ums Essen und Benehmen.

Hier isst man gern Reis, Kartoffeln aber auch viel fettiges und kohlenhydratreiches Essen. Dazu trinke ich meist Wasser, die Ecuadorianer gern auch Limonade oder Tee.

Beim gestrigen Plaudern wurde mir eingeschärft, dass ich niemals ein Mädchen mit nach Hause nehmen darf und mich im Zimmer mit ihr einschließe! Kommt gar nicht in Frage! Dann würde ich rausgeschmissen werden! Selbst im ecuadorianischen Hause der leiblichen Eltern wäre das ein absolutes no-go. Ich hatte das nicht geplant, aber schlucken musste ich trotzdem etwas. Erst wenn ich mein eigenes Haus habe, mein eigenes Geld verdiene – dann… Wenn das in Deutschland auch so wäre, würden wir wahrscheinlich über tausende von 15- und 16-jährigen obdachlosen Jugendlichen reden. 😀

Generell ist es sehr wichtig Respekt zu haben vor älteren, immer zu grüßen, niemals zu diskutieren (!) und die Kultur mit allem was dazugehört anzunehmen. Die schlimmsten – so sagte Virginia – seien die Vegetarier aus Deutschland, die meinen, sie essen kein Fleisch. „Was soll man mit denen denn?!“ fragte sie mich vorwurfsvoll. Ja das kann ich ihr auch nicht beantworten – mit einem Zwinkern sagte ich, dass das für mich auch vollkommen unverständliche und komische Menschen seien. Sofort schnellten 2 Hände zum „high-Five“, von Virginia und Carmen (der Hausbesitzerin) herüber und ich glaube, ich habe damit meine Beliebtheit bei ihnen um einiges erhöht. 😀

  

Sport in 2700 m Höhe

Am Wochenende ging ich endlich das erste Mal seitdem ich hier bin, in Quito joggen. Den ersten Kilometer bewältigte ich in einer ganz ordentlich lockeren Zeit von 5:30 Minuten. Danach ging es steil bergab – und ich meine nicht die Strecke. Die überaus dünne, verschmutzte und trockene Luft auf ca. 2700 Metern machte es mir sehr schwer, mein normales Tempo zu laufen. Ich bin vom Brandenburger Flachland und Melchow (60 ü. NHN) einfach anderes gewohnt. Wie manche Mädchengruppe aus dem Sportunterricht in der Schule, die in der ersten Runde rannte und in der zweiten nur noch mit Hilfe der Anfeuerungen der besten Freundinnen am Rande die Runden entlang keuchte. 😉

Ich habe gelesen, dass man nach 10 Tagen zu ca. 80% und erst nach 5 weiteren Wochen zu 95% angepasst ist… Aber ich habe dafür ja ein Jahr Zeit!

Mein Wohnort für die nächste Zeit

Da ich jetzt wahrscheinlich doch länger in der Fundacion bleibe und in der nächsten Zeit nicht zu einer Gastfamilie komme, werde ich hier einmal meine Adresse hinterlassen, damit ihr wisst, wie mich Post erreichen kann, aber auch wie man auf einer der Weltkarten im Netz sich mein derzeitiges Zuhause einmal ranzoomen kann… 😉

Ferdinand
c/o Virginia Mueses
Fundación Proyecto Ecológico Chiriboga
Puruha Oe2- 781 y Epiclachima
Ciudadela San José – La Magdalena
Quito – Ecuador- América del Sur
Postal code: EC170111

  

Polizeitheater 

Vielleicht habt ihr es schon gemerkt – ich hab zu tun 😃 , also habe ich in dieser Woche nicht so viel geschrieben. Ich bin jetzt ziemlich eingespannt – es geht jeden Montag, Mittwoch und Freitag von 7-13 Uhr zur Schule und jeden Nachmittag von 14.30 – 17.30 Uhr bin ich dann im CEIPAR (die kirchliche Einrichtung), wo ich den Kindern bei den Hausaufgaben helfe. 

Es sind also ungefähr 33 Stunden pro Woche, die ich bei den Kindern bin, dazu kommt die Anfahrt, die hier zeitlich schwer kalkulierbar ist (Fahrpläne scheint es nicht zu geben und trotzdem erwartet man natürlich von einem Deutschen das höchste Maß an Pünktlichkeit…) Wobei bei den Hausaufgaben helfen immer etwas schwierig ist, weil es oftmals einfache Abschreib- und Abmal-Aufgaben sind, bei denen ich nicht besonders viel helfen kann. Lieber spiele ich dann mit denen, die fertig sind, oder dies behaupten, Fußball 😃 Ich kontrolliere das nicht groß, weil ich ja auch immer viel lieber Fußball gespielt habe als über meinen Büchern zu sitzen! 

Trotzdem wird der gute Fernando immer gerufen, wenn es Probleme mit der englischen Sprache gibt. Ich finde das einerseits ganz lustig, aber auf der anderen Seite ist es auch traurig, denn von der Weltsprache Englisch existieren in Ecuador nur geringe Grundkenntnisse. In der Schule werden dagegen in der 3. Klasse biotische und abiotische Faktoren gelehrt. 

Am heutigen Freitag war die Polizei in der Schule und hat ein Puppentheater aufgeführt. Dies galt der frühen Sensibilisierung der Kinder gegenüber den Gefahren des Cotopaxi und Raubüberfällen und wie man diesen aus dem Weg geht. 

200 Kinder saßen also im Halbkreis um das Puppentheater herum, während die Lehrer hinten Wache standen. Sobald auch nur einer anfing zu quatschen oder sich groß zu bewegen – Zack – schnellte ein Lehrer hin und schlug den ‚Aufstand‘ nieder. Und ich war einer dieser ‚Lehrer‘, die zu Spezialkräften im Kampf gegen die Unruhe wurden. 😀 

Ich wohne jetzt in der Fundacion, wo ich zu Beginn auch das Einführungsseminar mit den anderen Freiwilligen hatte. Die anderen wohnen nun bei ihren Gastfamilien, ich denke, ich werde hier eine Weile wohnen bleiben und ganz vielleicht sogar das ganze Jahr. Das meinte jedenfalls meine Mentorin Virginia zu mir. Ganz einfach ist es nicht – ich hatte mich sehr auf eine Gastfamilie mit Gastgeschwistern gefreut und ich muss mich auf sehr viel Ungewohntes einlassen, aber ich denke, das bekomme ich hin. Mal gucken was die Zeit noch so bringt 🙂 

    
    
    
 

Hausaufgabenhilfe am Nachmittag

Am Montag nach der Schule gings in die Fundacion, kurzer Mittagsnack und dann auch schon los mit dem Bus zu meiner Arbeitsstelle am Nachmittag CEIPAR – Centro de Educación Integral Paola di Rosa, Name einer Nonne, die sich zu Lebzeiten für Kinder eingesetzt hat. Ich werde dort Kindern bei den Hausaufgaben helfen, mit ihnen spielen und so Montag bis Freitag dort von 15.00 – 17.30 Uhr meine Zeit verbringen. 

15 Kinder von 6-16 Jahren und wir drei Betreuer versammelten uns aber erst einmal in einem Kreis, um wieder einmal ein heiß geliebtes Namensspiel zu praktizieren. 

Dadurch positiv gestimmt und mit allen Namen fest verankert im Kopf ging es dann an die Hausaufgaben. Ich werde immer wieder zu den Englisch-Hausaufgaben gerufen, gelte hier anscheinend als Guru auf dem Gebiet, was ich von mir nicht behaupten kann, aber ich versuche, es mir nicht anmerken zu lassen. 😀 

17.30 Uhr lief ich dann die 3 km durch die Abendsonne zurück zu meiner derzeitigen Unterkunft, Schlaf- und Essplatz. Dabei machte ich ein paar Bilder: wie das Kind neben seinem Vater, der einer von vielen Verkäufern auf der Straße ist, seine Hausaufgaben macht. Das rote Auto verkehrt hier auch im Viertel, ich hab es schon zweimal in der Zeit, in der ich hier lang gelaufen bin, gesehen – und nein ich bin nicht auf einem Rennen für ausrangierte Autos, sondern in Quito – der Hauptstadt Ecuadors! 😀 

    
    
 

Englischlehrer Fernando

Da sich Ecuadorianer beim Aussprechen von Ferdinand fast die Zunge brechen, bot ich ihnen einfach an, mich Fernando zu nennen. Weil mich hier eigentlich keiner kennt, hätte ich mir auch sonst was für einen Namen geben können und wenn ich mir das so recht überlege, stelle ich mich das nächste Mal einfach mit „Chef“ vor und sage, dass dies ein typisch deutscher Name sei … 😀
Aber so ist es nicht gekommen und so gab der Señor Fernando am Freitag seine ersten beiden Englischstunden bei einer 6. Klasse. Hocherfreut über meine Ankunft lies mich der zuständige Lehrer allein und ging mit der Hausmeisterin auf den Schulhof plaudern.

So stand ich nun da – vor der Klasse – mit ein wenig Spanisch und einem Whiteboardmarker in der Hand. Die Zahlen bis 10 können sie auf Englisch – da hört`s aber auch fast auf.

So nahm ich mir erst einmal den Globus und versuchte, Ihnen zu verdeutlichen warum es wichtig ist, englisch zu können und wo man überall Englisch spricht. „Estados unidos “ (Vereinigte Staaten) war die einzige Antwort die mir jemand entgegen rief. England, Australien fragte ich, was ist damit ?

Keiner der Schüler hatte davon jeh gehört. Es liegt also viel Arbeit vor mir.

Im Anschluss übersetzte ich die ersten Standardsätze vom Spanischen ins Englische und fragte die Kinder unzählige Male „Whats your name?“ Und „How are you?“.

Das war also mein erster Englischunterricht.

Ich wohne jetzt erst einmal für einige Wochen in der Fundacion, denn meine Mentorin sagte mir, dass es sehr schwierig sei, für einen Jungen eine Familie zu finden. Ich werde mich hier einrichten, die Gegend erkunden, zum Sport gehen und mal sehen was die nächsten Wochen so bringen …

  

Sirene in der Schule 

Da ich meiner Mentorin Virginia dann doch eine Email schrieb, holte sie mich von der Familie mit meinem Hab und Gut wieder ab. Ich fühlte mich dort nicht besonders wohl und wurde krank. Ich will nicht jammern, aber ich denke, dass, wenn man sich nicht vorstellen kann, dass man glücklich wird, auch nicht auf Teufel komm raus an diesem Platz verharren muss!
So bin ich also wieder in der Fundacion und darf wieder das hastige „schneller schneller“ hören, aber auch leckeres Essen genießen. 🙂 

 Der zweite Schultag war noch erlebnisreicher als der erste. Plötzlich dröhnte die Sirene und alle Kinder warfen sich unter den Tisch (siehe Foto des Klassenraums). Ich blieb sitzen, weil ich mir nichts dabei dachte bis mir ein sechsjähriges Kind unter dem Tisch hockend sagte, dass ich jetzt tot sei. Das ganze war eine Vukan-Erdbeden-Übung. Uppsssss…. 

Mit Masken, Schutzbrillen und einem Zettel wo alle wichtigen Daten zur Person draufstehen, ging es dann raus zum Durchzählen auf den Schulhof. Zum Glück hätten alle überlebt – bis auf mich. 😀 

Wieder zurück in der Klasse wurde ich damit beauftragt darauf zu achten, dass während einer Stillarbeit auch jeder allein und ruhig an seinem Platz fleißig seine Aufgaben erledigt. Ich fühlte mich wie ein ehemaliger Ganove, der jetzt für die Polizei arbeitet und der bei seinen ehemaligen Kollegen Razzien durchführt. 

Ferdinand, was ist los mit dir? Bis vor 4 Monaten noch jahrelang versucht, Spickzettel zu schreiben und mit möglichst geringem Aufwand das beste Ergebnis zu erzielen – jetzt läufst du mit ernster Miene durch die Tischreihen und hältst jeden der auch nur aus dem Fenster guckt, dazu an, gefälligst von der Tafel die Malfolge der 9 abzuschreiben. Wenn das meine ehemaligen Lehrer lesen, weiß ich, wer in Deutschland gerade laut lacht …